Prof. Peter J. Brenner, Aigner-Experte und Direktor des Archivs der TU München

Prof. Peter J. Brenner, Aigner-Experte und Direktor des Archivs der TU München

Eineinhalbstündige Vorträge über historische Sujets stehen selten ganz oben auf der Beliebtheitsskala montäglicher Freizeitaktivitäten. Dennoch war der Vortragsraum der Pausa-Tonnenhalle gut besucht gestern abend, als Professor Peter J. Brenner, Direktor des Archivs der TU München, den Auftakt machte zum Themenspecial der diesjährigen Apfelwoche. „Korbinian Aigner. Landpfarrer, KZ-Häftling und Obstbildermaler“ war nicht nur der Titel, sondern auch gleichsam die Inhaltsangabe seines dreigeteilten Vortrags.

Ohne Powerpoint, Beamer, Mikrofon oder Stuhl erzählte Prof. Brenner unterhaltsam, kurzweilig und spannend vom Leben des „Apfelpfarrers“ (eine Titulierung, die Aigner von sich gewiesen hätte), der vom Bauernjungen aus einem tiefkatholischen, tiefbayrischen Milieu über eine mittelerfolgreiche Studienzeit zu seiner Berufung gelangte: Einem volksnahen, bauernschlauen, schlagfertigen Landpfarrers mit einer tiefen Leidenschaft für die Pomologie.

Die zweite Leidenschaft Aigners war sein tiefverwurzelter Katholizismus, der ihn letztlich in Widerspruch mit dem ab 1933 herrschenden System brachte. Unerschrocken und unbeugsam verteidigte er seinen Glauben während der Nazizeit gegenüber den neuen Herrschenden auch öffentlich von der Kanzel. Als er sich den Mund nicht verbieten ließ, sperrten ihn in die Nazis aufgrund des „Heimtückegesetzes“ ins Gefängnis und anschließend ins Konzentrationslager Dachau.

Nahezu unbemerkt selbst von seiner unmittelbaren Umgebung gab sich Aigner noch einer dritten Leidenschaft hin: Der Malerei. Viele seiner Bilder sind verloren, denn der Nachlass katholischer Priester wurde in der Regel mangels Nachkommen einfach verbrannt. Seine Apfel- und Birnenbilder aber, die er zu Hunderten malte, vermachte Aigner vorausschauend der Technischen Universität München, die zu dieser Zeit noch Obstbau lehrte. Obschon er seine Bilder lediglich als Lehrmaterialien verstand, gingen diese – als sie schließlich als künstlerisches Kleinod entdeckt wurden – einen eigenen, von Aigner gar nicht beabsichtigten Weg, der sie 2012 bis zur documenta brachte.

Prof. Brenner referierte (übrigens: an seinem letzten Arbeitstag vor der Pensionierung!) vor einer Auswahl der Aignerschen Bilder, die vom Netzwerkler Uli Eder zu einer liebevoll gemachten kleinen Ausstellung zusammengeführt wurde. Diese Ausstellung ist in der Apfelwoche noch ein zweites Mal zu sehen, nämlich in den Mössinger Lichtspielen am Freitagabend. Hier wird um 20.15 Uhr der zweite Teil des Themenspecials gezeigt, der Dokumentarfilm „Korbinian Aigner. Ein bayerischer Dorfpfarrer zwischen Obstbau und Hochverrat“. Dieser Film kann dort übrigens zum Preis von 14 Euro auch erworben werden.

Gut besucht: Der Vortragsraum der Pausa-Tonnenhalle

Gut besucht: Der Vortragsraum der Pausa-Tonnenhalle