Falls es ein Pferd die Stiegen in der Kulturscheune hinaufgeschafft hätte – Platz hätte es keinen mehr gefunden am vergangenen Apfelmittwoch. Auch keine Maus. Denn der Kabarettabend „Der Apfel fällt nicht weit vom Pferd“ war gnadenlos ausverkauft. Lokalmatador Michael Niethammer und der „Nausgschmeckte“ Roland Lui Herter wortkünstelten, jodelten, schwyzerdütschten und sangen sich unter Zuhilfenahme von gezupften, geblasenen und gequetschten Instrumenten durch die Mössinger Streuobstlandschaft, dass es dem Publikum eine wahre Freude war.
Ausverkauft: Die Mössinger Kulturscheune.
Vom Hänger als Symbol Steinlachtäler Männlichkeit über den im Vorlaufrausch versehentlich umgemachten Quittenboom bis hin zur Frage, wie der richtige Moscht zu generieren sei (Spoiler: „Der Moscht isch an guter Schwob, der schafft von alloi.“) wurde nichts ausgelassen, was den rechtschaffenen Mössinger Gütlesbesitzer bewegt. So etwa die Frage, warum es Menschen gibt, die „abgestandenen Vorlauf“ (vulgo: Grappa) trinken, wenn man doch feinsten Belsener Kirsch im Keller hat.
Roland Herter lässt in einer „Omage“ seine Vorfahrin hochleben, die – ohne es zu wissen – schon immer bio, öko, regional und fair gelebt hat. Weil sie Biira und Krombiira aus dem Garten holte, mal eben nach Hechingen lief und in ihrem Leben noch keinen einzigen Liter Benzin verfuhr. Als er zusammenrechnet, wieviele Autokilometer bei ihm selbst zusammenkamen, stellt er selbstkritisch fest: „Eine Million Kilometer: Dafür sott i in Knascht und et die Klimakleber.“ Nebenher erfährt man Hintergründe über frühe Spezcom-Werbesprüche („Tee macht schee, Raucha macht hee.“) und dann darf auch noch das sangesfreudige Publikum zweistimmig mitmachen: „Dunna aufm Wiesenstuck stoht an Birenboom, guckguck!“
Spielfreudig: Michael Niethammer und Roland „Lui“ Herter.
Das Lied nach der Pause widmete Michael Niethammer seiner Enkelin Ida, die schlaue Fragen fragte: „Warum fällt der Mond nicht runter? Warum ist das Wasser nass? Warum hängt der Apfel am Baum?“ Um dann gleich das Verhältnis zu seiner Nachbarin preiszugeben: „Kein gutes!“ Grund dafür sind unterschiedliche Meinungen zum Thema Insekten. Während Katharina dem Verein RDK („Rettet die Küchenschabe“) beitritt, behandelt er ihr Biotop mit Glyphosat, um abschließend festzustellen, dass die Tiere leider weiterleben, die Pflanzen aber hinüber sind. Passen dazu das 20-Jahre-Retrolied „Schick mir ein Bild von deiner Zecke!“
Ausgiebig diskutiert wurde auch das Thema „Premium“ – das Label, bei dem man jedes Produkt zum Preis für zwei bekommt. Auch das hiesige Laisawegle ist premium, obwohl dort gar keine Laisa zu finden sind. Aber für ein Lied reicht’s immer noch. Auch bei diesem machen die beiden Wortverdreher in einem wunderschönen Rapduett aus dem schwäbischen Nationalgericht eine Premiumdelikatesse mit dem Titel „Leguminosenragout an Schabteigröllchen“, kurz „Linsa mit Spätzla“. Zum Abschluss des vergnüglichen XXL-Kabarettabends ging Michael Niethammer Southic Walking, um anschließend noch bernerisch-langsam zu Jodeln, schließlich hat Helmut Palmer den Öschbergschnitt aus dem Schweiz mitgebracht.
Die beiden Künstler kennen sich schon eine Ewigkeit, haben sich aber erst jetzt nach 40 Jahren wiedergefunden. Zum Glück für das Publikum, das die zwei erst nach ebenso vielen Zugaben von der Bühne ließ. Für alle, die nicht dabei sein konnten, hofft man, dass dieses Programm nicht zum letzten Mal gespielt wurde. Alternativ findet sich das eine oder andere Stück auch auf Michael Niethammers Website. Ein Blick hinein lohnt sich.
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